KI gehört zweifelsohne zu den wichtigsten technischen Trends unserer Generation.
Ich fragte meinen Mathematik Lehrer kürzlich auf einem Ehemaligen Treffen, wie er die Intelligenz seiner heutigen Schüler einschätzt. Seine Antwort überraschte mich: In den 80ern habe er Schülern im Grundkurs Inhalte gelehrt, die heute Schüler im Leistungskurs hoffnungslos überfordern würde!
Skeptisch?
Erinnern Sie sich noch an Ihre Grundschulzeit, wo Sie per Hand und Kopf Zahlen multipliziert, dividiert und hochgerechnet haben?
Irgendwann hat dies der Taschenrechner übernommen, sodass sie sich bestimmt wie ich dabei ertappt haben, einmal 5+5 in den Taschenrechner eingegeben zu haben…
Mit anderen Worten: Unsere natürliche Intelligenz ist über die Jahre durch technische Gadgets abgestumpft!
Dabei ist das beschriebene Verhalten nicht verwerflich: Es ist schlicht bequemer und schneller eine Adresse in Google Maps einzugeben und sich dank Echtzeit gestützter Verkehrsdaten bequemer zum Ziel führen zu lassen, als selbst vor jeder Reise die Karte zu studieren.
Doch hat dies womöglich den Nebeneffekt, dass sich dadurch unsere natürliche Intelligenz täglich abnutzt, weil wir weniger „denken“.
Wenn es Ihnen wie mir geht, kommen Ihnen die zahllosen Events zu künstlicher Intelligenz sicherlich zu den Ohren raus.
Mir scheint, dass es schlicht „hip“ ist, dieses Thema auf diversen Konferenzen zu bewerben, obwohl die wenigsten wirklich dieses komplexe Thema sowie wissenschaftlichen Hintergrund adäquat behandeln, geschweige denn zeigen, wie man das eigene Geschäftsmodell messbar und nachhaltig verbessert. Künstliche Intelligenz ist ganz klar ein wichtiger Trend, jedoch ist es ein Trugschluss dass künstliche Intelligenz einen Mangel an unternehmensweiter, natürlicher Intelligenz kompensiert!
Aus meiner Sicht ist das so ähnlich wie wenn ein CEO ins Silicon Valley fährt, sich die neuen Arbeitsweisen über eine Woche hinweg anschaut, elektrisiert zurückkehrt und dann diese versucht in das eigene Unternehmen zu kopieren, ohne dies kritisch zu hinterfragen. So soll „KI“ (Künstliche Intelligenz) einen Mangel an „NI“ (Natürliche Intelligenz) wieder wettmachen.
Jedoch ist dies genauso wenig erfolgversprechend, wie wenn ein großes Unternehmen einen „Accelerator“ bildet, der die mangelhafte Geschwindigkeit des Konzerns wettmachen soll. Beides ist zum Scheitern verurteilt.
Es hilft, sich zuerst zu überlegen, was die Entwicklung natürlicher Intelligenz in Organisationen behindert.
Aus meiner Sicht tragen die Übeltäter 2 Namen: Bürokratie und Effizienzfanatik.
Erstere entmündigt die Belegschaft, und behindert Innovation. Letztere, Effizienz, ist per se nicht schlecht (sonst würde kein Großunternehmen Profite abwerfen), jedoch unterbindet ein Effizienzfanatismus, die Entwicklung von natürlicher Intelligenz.
Wenn ein Unternehmen zu sehr auf Effizienz fokussiert bin, also etwa aus 6 „langsamen, ineffizienten“ Schritten, 6 „schmale, schnelle“ gemacht hat und die Prozesse nur noch nach der Effizienz misst, wagt niemand mehr den Prozess als solchen in Frage zu stellen. Bis ein start up oder Wettbewerber auf die Idee kommt (dank „NI“) aus 6 Schritten schlicht 3 zu eliminieren. Beispiel: Tesla eliminiert den Händler und verkauft direkt an Kunden. Dies wurde erst spöttisch gesehen, nun machen dies Daimler, Porsche und weitere (wenn auch noch im kleinen Umfang) nach.
Es braucht 3 Dinge, den NI Faktor im Unternehmen zu erhöhen:
1. Experimentierfreudigkeit
Wie Garry Hamel folgerichtig in seinem hervorragenden Buch „Worauf es wirklich ankommt“ beschreibt, sind wir Menschen die einzige Spezies auf diesem Planeten die Dinge aus reiner Freude erfindet. Und das gelingt nur mit natürlicher Intelligenz. Dafür müssen Führungskräfte in Unternehmen einen Rahmen schaffen, in denen eine Kultur à la „Was kann ich aus Fehlern lernen“ anstatt „Wie kann ich den nächsten Fehler vermeiden“ herrscht.
2. Kritisches Denken
Nicht jeder Trend ist morgen der Rede wert, den er gestern war. Manchmal reicht gesunder Menschenverstand, nicht blind einem Trend hinterher zu laufen, vor allem dann wenn es ein „Wettbewerber“ tut. Trainieren Sie Ihre gesamte Belegschaft darin, innovativer und kritischer zu denken!
3. Kunden Obsession – aber bitte analog!
Zu viele Unternehmen grübeln darüber, wie sie den Wettbewerb abhängen können, kennen aber nur unzureichend den eigenen Kunden! Es reicht heute nicht mehr, den Kunden das zu liefern, was sie wollen. Durch die obsessive Beschäftigung mit ihren Kunden, sollten Sie verborgene Bedürfnisse antizipieren und neue erschaffen. KI produziert per se keine neue Idee, jedoch kann KI ein fantastischer Aufspürer unerkannter Bedürfnisse sein, zb wenn Online Händler das Einkaufsverhalten Ihrer Kunden analysieren und Kunden neue Kaufvorschläge macht und so der Umsatz erhöht wird.
Zur Auswertung hilft KI, die Initiative, die zuerst kommen muss, erfolgt jedoch durch NI!
Fazit: KI hat seinen Platz und liefert in einigen Bereichen wertvolle neue Erkenntnisse, jedoch: Wenn Sie als Unternehmenslenker den „NI Faktor“ vernachlässigen, überlassen Sie das Spielfeld der Konkurrenz.